Journalartikel
Autorenliste: Dietl, Cora
Jahr der Veröffentlichung: 2013
Seiten: 29-49
Zeitschrift: Journal of the International Arthurian Society
Bandnummer: 1
DOI Link: https://doi.org/10.1515/jias-2013-0002
Verlag: De Gruyter
Die aktuelle Forschung hat wiederholt beobachtet, dass in der höfischen Literatur des 13. Jahrhunderts dem Licht und dem Schauen eine besondere Bedeutung zukommt und dass ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auch die religiöse Literatur das Licht-Motiv für sich entdeckt: Hier gilt das Licht als eine Form der Mitteilung des Göttlichen, das sich jedoch einem vollkommenen Einblick entzieht. Wo im fiktionalen Raum über das Göttliche gesprochen wird, wie insbesondere in den Gralsromanen, lässt sich ein besonders reicher und differenzierter Gebrauch von Lichtmetaphorik erwarten. Diese Vermutung bestätigt der vorliegende Beitrag am Beispiel des Rappoltsteiner Parzifal, einer spätmittelalterlichen deutschen Kompilation und recht getreuen deutschen Übersetzung der französischen Perceval-Fortsetzungen, die mit Wolframs Parzival und der der Elucidation kombiniert werden. Die in der Elucidation (welche bereits in ihrem Titel mit Lichtmetaphorik spielt) zum Ausdruck gebrachte Problematik des Sprechens vom Gral und die in Wolframs Prolog formulierte narrative Verdunkelungstechnik werden im Rappoltsteiner Parzifal zusammengefasst zu einer Idee des Erzählens von einer aufgrund ihrer Durchtränktheit mit Licht unsagbaren Erzählung. Der Roman weist durchgängig einen sehr gezielten Umgang mit Licht- und Dunkelheitsmomenten auf, die in der deutschen Bearbeitung noch stärker hervorgehoben sind als in den französischen Vorlagen. Ein helles Licht, das in eine tiefe Dunkelheit einbricht, scheint hier eine Nähe des Göttlichen anzuzeigen. Es regt die Protagonisten dazu an, dem Licht zu folgen, in der Hoffnung, dass sie ein Wissen über Gott und den Gral erringen könnten. Der Handlungsverlauf deckt jedoch auf, dass das Licht viel eher als eine Versuchung zu verstehen ist, den menschlichen intellektuellen Kräften zu vertrauen, dass sie über die Sinneswahrnehmung zu Wissen gelangen könnten, nicht auf dem Weg des Vertrauens in die göttliche Offenbarung. Vielleicht kann man in dieser Wendung einen Einfluss der spätmittelalterlichen Spiritualität auf den späten Artusroman erkennen.
Abstract:
Zitierstile
Harvard-Zitierstil: Dietl, C. (2013) Licht und Erleuchtung im Rappoltsteiner Parzifal, Journal of the International Arthurian Society
, 1, pp. 29-49. https://doi.org/10.1515/jias-2013-0002
APA-Zitierstil: Dietl, C. (2013). Licht und Erleuchtung im Rappoltsteiner Parzifal. Journal of the International Arthurian Society
. 1, 29-49. https://doi.org/10.1515/jias-2013-0002